Personen:

GAST
GASTGEBER
dessen SOHN
FRAU
TOCHTER


(Gast an Tür)
GASTGEBER. Schön, dass sie nun angekomm´,
hereinspaziert und Platz genomm´.
Ach lassen sie die Schuhe an!
Sie sind doch nicht jedermann.
Des Mantels nur noch schnell entledigt.
SOHN. Ich geb´ Acht, dass nichts beschädigt.
GASTGEBER. Hier zieh´n sie sich ´ne Krönung rein.
Soll er etwas stärker sein?
(zu Frau) Frau geschwind, erneut die Brüh´
FRAU. (aus Küche) Verzeihen sie! Ich gab mir Müh´
Als Ausgleich: frisch synthetisiert
Den Kuchen, Zuckerguss, geliert.
GASTGEBER. (zu Gast) Solch kleiner Teller, welch´ Entsetzen!
Werd´ ihn durch das Blech ersetzen.
Sitzen sie auch wirklich weich?
Ein Kissen, zwei, sie komm´ zugleich.
Ach kann ich wirklich nichts mehr tun?
So sagen sie´s! Ich brauch nicht ruh´n.
Irgendetwas muss doch mangeln!?
Zu laut der Laut der Türen Angeln?
Zu dick der Staub, dass er schon quillt!
Die Wand ist schief. Vergleicht zum Bild!
(geht in Küche)Frau zu hilf! Er will´s nicht sagen.
Beteuert, dass er kann nicht klagen.
Er lügt, ich weiß, es muss so sein.
Drum bleibt zu zweit jetzt mal allein.
Solls nicht helfen, will er mehr,
die Tochter schick ich hinterher,
zu kompensier´n, was er verschweigt.
Bietet das, wozu er neigt!
(Frau geht mit Gast)
(aufgebracht, zu sich)Was ist das für ein Heuchler nur?
Fühlt sich Moll, doch äußert Dur.
Ich muss auf Nummer sicher geh´n.
(zu Tochter) Tochter rein, lass alles seh´n!
(Tochter ab.)



(verzweifelt zu sich) Will nur gut Gastgeber sein.
Wo ist der Kniff? Mir geht’s nicht rein!
Wie erkenn´ ich, dass ich´s bin? :
Er ist in meinem Hause drin.
Auch in Tochter und der Frau.
Nein das ist´s nicht ganz genau:
Ich darf nicht fragen, wann ich´s bin,
sondern, was der Worte Sinn.
Gastgeben heißt, ich geb´ dem Gaste.
Nur so steht´s und nichts vom Raste.
So sollt´ ich dann wohl alles geben.
(zu Sohn) Sohn, ein Strick!
(verstört zu sich) Dem Gast mein Leben!


Friedlich Chiller, © 2006